10 Jahre internationaler Ländervergleichskampf in Holle
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- Veröffentlicht: Sonntag, 18. März 2012 19:25
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(we) Wenn in wenigen Tagen am Mittwoch, den 28.03.2012 der 10. internationale Ländervergleichskampf in Holle ausgetragen wird, dann weht wieder ein internationaler Hauch durch die Sporthalle am Mohldberg. In diesem Jahr werden es die für Holle altbekannten Nationen sein, die mit ihren Junioren Nationalmannschaften antreten werden. Neben der Mannschaft aus Deutschland werden wieder wieder dabei sein die Teams aus Japan, Frankreich und Kasachstan.
Im letzten Jahr waren die Erwartungen hoch, die Japanische Mannschaft unmittelbar nach den tragischen Naturkatastophen und dem Unglück von Fukushima zu empfangen. Jedoch wurde kurzfristig ihre Reise nach Europa abgesagt. Für dieses Jahr haben sie zugesagt; sie werden am Wochenende zuvor beim Bremen Masters antreten und gleich danach mit den meisten Teilnehmern nach Hannover ins Trainingslager fahren. Von dort kommen auch die anderen Mannschaften, die zuvor am Bremen Masters und am Trainingslager teilnahmen.
Nach 10 Jahren hat sich diese Veranstaltung nicht nur beim Bundestrainer der U20 „Richi“ Trautmann etabliert sondern auch bei den anderen Gastmannschaften. Schon Wochen vorher haben sich die Verantwortlichen aus der französisichen Mannschaft die genaue Anschrift für Holle geben lassen, da sie von Holle aus direkt die Nacht über im Bus zurück nach Frankreich fahren. Genaues Zeitmanagement für Anschlußzüge in Paris erforderte diese frühzeitige Planung, um diese Mannschaftsbegegnung wahrnehmen zu können. „Diese Kämpfe in Holle gehören zu unsererem Trainingsprogramm als Auftakt für die internationale Turnierserie bis zu den Europa- und Weltmeisterschaften.“ Erläutert „Riche“ sein spezielles Interesse als Bundestrainer. „Im gemeinsamen Randori in Hannover geht es nicht immer so zur Sache, aber hier in Holle wird es dann doch wichtig.“
Viele der Mannschaften, die in Hannover auch am Trainingslager teilnehmen, würden auch gerne nach Holle kommen, aber von den Organisatoren wird ganz bewußt die Zahl der teilnehmenden Teams begrenzt. „Natürlich ist das auch Werbung für Judo und wir wollen eine zeitlich überschaubare Abendveranstlatung organisieren. Deshalb haben wir nur die vier besten Mannschaften bei uns in Holle.“ Erklärt Birgit Koch, Organisatorin im Holler Team.
10 Jahre Ländervergleichskampf – was ist alles so passiert? Wie alles begann.
Aus einer flapsigen Idee wurde ein Dauerrenner.
Angefangen hat das zeitgleich mit dem neu organisierten Trainigslager ab 2002 in Hannover, das unmittelbar nach dem Bremen Masters sich anschließt. Norbert Specker, verantwortlich für das Bremen Masters, das Trainingslager und auch als Betreuer für die japanische Mannschaft, fragte in einem Gespräch nach einer Betreuungsidee für einen der Abende. Spontan kam dann der Vorschlag, die japanische Mannschaft nach Holle einzuladen, „um denen zu zeigen, wie Judo geht“ wurde ironisch diese Idee begründet. Aus dieser Idee wurde ein konkreter Plan und im Laufe der Vorberietung erfuhr der damalige Bundestrainer der U20, Detlef Ultsch von der Absicht, dass eine gemischte U20 / U17 Mannschaft gegen eine ähnliche aus Japan antreten sollte. Ohne seine Nationalmannschaft durfte dieses Event keinesfalls stattfinden und so stand dann im März 2002 auch die deutsche Mannschaft gemeinsam mit den Hollern auf der Matte. Christophe Lambert mit seinen 17 Jahren war gerade ganz frisch von der U17 in die U20 gewechselt und durfte gleich zweimal antreten – einmal für Holle und einmal für die Nationalmannschaft. Ihm glückte damals der schnellste Ippon des Abends, bereits nach 11 Sekunden warf er seinen Gegner Tatsuhiro Yamamoto Ippon (siehe Foto). Christophe Lambert trat noch ein zweites Mal an, diesmal in der 1. Mannschaft für die Altersstufe der U20. Seinen Gegner Terai konnte er in der regulären Kampfzeit nicht bewältigen. Ohne Punkt wurde die Kampfzeit nochmal gestartet, um bei der ersten Wertung dann den Sieger zu ermitteln (Golden Score). Bereits nach einer halben Minute wurde Christophe Lambert mit einem Hüftfeger (Harai Goshi) geworfen.
Insgesamt war die Veranstaltung ein Erfolg, weil an einem Mittwoch viele Zuschauer kamen und es den Aktiven auch eine Menge brachte. Damit war die Grundlage für die folgenden Veranstaltungen geschaffen.
Das Leid mit den Nationalhymnen und Nationalflaggen
Als tolle Tradition und zur feierlichen Einstimmung aller in der Halle gibt es im Rahmen des Vorgrammes den Einmarsch der Mannschaften hinter ihrer Nationalflagge und zum Ende dieses Blocks das Abspielen aller Nationalhymnen. Im Handel gibt es CDs für Nationalhymnen, auf der auch die aus Kasachstan enthalten war. Leider war diese Nationalhymne nicht mehr aktuell, was wir nicht wußten. Erst die irritierten Mienen in der Mannschaft aus Kasachstan verriert, dass etwas schief gelaufen war. Im ersten Jahr war das verzeihlich. Leider unterlief dieses Missgeschick im folgen Jahr wieder. Seitdem wird vor jeder Veranstaltung einem Verantwortlichen der Mannschaft die Nationalhymne vorgespielt, um derartige Peinlichkeiten zu vermeiden.
Nicht einfacher ist es, die Nationalflaggen richtig hinzuhängen. In der Halle hängen wir Banner auf, die wir aus dem Fachhandel erwerben. Eine Gebrauchsanweisung liegt nicht bei, die deutlich zeigt, wie der Banner zu hängen hat. Auch hier hatten wir uns beim ersten Besuch der koreanischen Mannschaft den Lapsus erlaubt, den Banner spiegelverkehrt aufzuhängen. Nach dem Hissen wurden wir aus der koreanischen Mannschaft hingewiesen, dass der Banner falsch hängt, was über die vier Liniepaare zu erkennen sei, die symbolisch die vier Jahreszeiten, die vier Elemente Wasser, Erde, Feuer und Himmel und auch die vier Himmelsrichtungen darstellen. Diese Bedeutung haben wir gar nicht gekannt; aber wir haben uns ein Buch „Flaggen dieser Welt“ gekauft und hoffen, dass solche Fehler uns nicht unterlaufen.
Viel kritischer war es 2008, als die kanadische Mannschaft aus Verletzungsgründen mehrerer Judoka am Tag selbst absagte und dann eine Mischmannschaft unter der Obhut Norwegens antrat. Die Nationalhymne konnte kurzfristig organisiert werden, aber innerhalb von 2 Stunden war es nicht möglich, den Banner Norwegens aufzutreiben. Statt der üblichen 4 Banner für die 4 Mannschaften hingen dann nur 3. Die norwegische Mannschaft, die mit einem Serben antraten, haben das gut verkraftet.
Der Ehrgeiz war bislang immer so, die Flaggen auch zu haben und nicht irgendwo ausleihen zu müssen, wobei die einzige Stelle in unserer Region die Hannover Messe ist. Die Leihgebühren sind jedoch so hoch, dass kaufen auch nicht viel teuerer ist. Die Holler haben nun eine große Sammlung aufgebaut, da über die Jahre hinweg Nationalmannschaften aus 10 Ländern zu Gast waren.
Nationalmannschaften aus folgenden Ländern (alphabetisch)
Belgien
Brasilien
Frankreich
Japan
Kasachstan
Kanada
Korea
Norwegen
Russland
Ungarn
Was sagen die anderen zum Holler Ländervergleichskampf?
Die Veranstaltung in Holle ist speziell, weil auf internationaler Ebene keine offiziellen Mannschaftskämpfe ausgetragen werden. Gelegentlich in gemeinsamen Trainingscamp wird inoffiziell ohne Publikum ein Mannschaftskampf organisiert. Dieser Ländervergleichskampf der Juniorenmannschaften in Holle stellt etwas besonders dar. Fast jeder aus dem Juniorennationalkader der letzten 10 Jahre ist in Holle zum Saisonbeginn angetreten. Unmittelbar nach den Deutschen Meisterschaften und dem Bremen Masters konnte über die Aufstellung in der Mannschaftsliste durch den Bundestrainer der einzelne ablesen, wo er steht und wie er eingeschätzt wird. Für viele bleibt diese Veranstaltung lange in Erinnerung, weil sie in ihrer bisherigen Laufbahn noch nie so viele Zuschauer hatten und dann auch noch in so einem besonderen Rahmen
Die ausländischen Mannschaften waren immer wieder angenehmen überrascht, dass in einem Dorf so eine große Veranstaltung mit so vielen Zuschauern möglich ist. Ein Norweger aus Oslo ließ sich zu der gewagten Schlußfolgerung hinreiseßen. „Judo muss bei euch in Deutschland hinter Fußball ganz wichtig sein. Wir schaffen es in Oslo nie, so eine große Veranstaltung zu organsieren.“
Der Trainer aus Kasachstan war 2009 derartig begeistert, dass er bewegt im abschließenden gemeinsamen Abendessen im Sportheim neben der Halle uns als die deutschen Botschafter des Judosports einstufte und wir deswegen ein Denkmal verdient hätten.
Auch die Japaner zeigten sich in den ersten Jahren von dieser Veranstaltung beeindruckt. Tief in Erinnerung blieb, als 2004 bei den Weltmeisterschaften der U20 in Budpest, auf denen auch Christophe Lambert antrat, der japanische Nationaltrainer zum deutschen Zuschauerblock kam und Kontakt zu einem der Holler Organisatoren aufnahm und sich nochmal offiziell für den Ländervergleichskampf bedankte – das ging runter wie Öl und ist der Lohn für die viele Arbeit.
Berühmte Gäste in Holle
In der Altersstufe der U20 können Judoka schon richtig gut sein und auf Weltniveau Erfolge aufweisen, aber erst die Erfolge bei den Senioren zählen dann. Daher kann man immer höchstens ahnen, ob ein Judoka der U20 später mal so richtig ein Kracher sein wird. Aber rückblickend können wir stolz auflisten, wer alles schon mal auf einer Holler Matte angetreten ist und da sind tatsächlich einige Kracher dabei.
Der uns wichtigste ist der Belgier Jean Docquier. Er war als U17-Zuschauer 2003 mit seiner Mannschaft in Holle dabei und träumte davon, auch mal in Holle dabei sein zu dürfen. Und mit seinem charmanten Lächeln und im herrlichem französichem Akzent ergänzt er „und nun bin ich nicht nur in Holle auf der Matte sondern ich kämpfe für Holle in der Bundesliga-Mannschaft.“
2 ganz große Judoka, die beide in ihren Gewichtsklassen Platz 1 der Weltrangliste einnehmen sind Teddy Riner aus Frankreich (+ 100kg) und Maxim Rakov aus Kasachstan (-100kg). Teddy Riner, Olymiasieger von 2008, war 2005 in Holle und Maxim Rakov 2003. 2005 war in der japanischen Mannschaft Hiroyuki Akimoto, der aktuell den 4. Platz einnimmt in der Gewichtsklasse -66kg. In der ungarischen Mannschaft war 2004 Barna Bor, der bereits in der U20 im Schwergewicht sehr erfolgreich war, nun ist er auf Platz 7 in der höchsten Gewichtsklasse.
Außerdem waren in Holle dabei:
Ivan Nifontov Russland -81kg Platz 8
Lee Kyu-Won Korea -90kg Platz 14
Dan Fasie Rumänien -66kg Platz 22
Timur Bolat Kasachstan -90kg Platz 24
Hong Suk Wong Korea -81kg Platz 32
Auch Holler waren dabei
Neben Christophe Lambert, der beim ersten Event 2002 gleich zweimal in 2 Mannschaften antreten durfte, waren später noch sein Bruder Maxime und dann noch Max Rollwage dabei. Christophe konnte die 3 Jahre seiner U20-Zeit mitantreten. Danch gab es für zwei Jahre keine Holler Beteiligung, aber dann kam sein um vier Jahre jüngerer Bruder Maxime auf den Plan. Er war 2007 und 2008 dabei. 2008 war für die Holler dann ein besonderes Erlebnis, weil ein weiterer Holler mit antreten durfte – Max Rollwage. Max war dann noch im nächsten Jahr auf der Matte, während Maxime aus Altersgründen nur noch auf der Zuschauerbank sich präsentieren durfte.