Trainingslager in der Nationalmannschaft entwickelt sich zum Krimi
- Details
- Veröffentlicht: Samstag, 12. März 2011 22:03
- Zugriffe: 1452
Sonntag, 13. März 2011 16:00 – die Männer sind in Seoul angekommen
Von Tokio aus haben die Frauen Japan verlassen und sind auf dem Wege nach Dubai. Gegen 16.00 h sind die Männer von Osaka aus erst mal nach Seoul gestartet und auch bereits angekommen. Sie werden nach einem längeren Aufenthalt (ca. 14 Std) weiter nach Frankfurt fliegen und könnten dann morgen nachmittag ankommen.
Der DJB, selber in starker Sorge über seine Judoka, meldet:
„Der DJB hat die nächstmöglichen Reisemöglichkeiten für unsere Sportler organisiert. Die Frauen fliegen am Sonntag von Tokio-Narita über Dubai nach Deutschland. Die Männer fliegen ebenfalls morgen ab Osaka mit Zwischenstop in Seoul nach Deutschland.“
Trainingslager in der Nationalmannschaft entwickelt sich zum Krimi
(we) Letzte Woche Freitag reisten die Nationalmannschaften der Frauen und Männer nach Japan, um vier Wochen vor der Europameisterschaft über Ostern in Istanbul ein letztes Intensivtrainingslager zu absolvieren. Während die Frauen gleich in Tokio blieben reisten die Männer in das von Tokio südwestlich gelegene Osaka, um zur Halbzeit an diesem Wochenende das Trainingslager in Tokio fortzusetzen. Zu der neunköpfigen Männermannschaft gehört auch Christophe Lambert
Mit Einsetzen des ersten Erdbebens vor einigen Tagen stand die bange Frage im Raum, inwieweit die Mannschaft davon betroffen war. Bei den ersten Erdstößen hatte die Männermannschaft nichts mitbekommen. Hingegen sah es am Freitag schon anders aus. Mitten im Training begann in Tokio das Dojo zu wackeln, in dem die Frauen trainierten. Die Männer in Osak spürten von alledem nichts mit.
„Hier ist alles ganz ruhig, wir haben ichts gespürt. Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. Das einzige, was uns kaputt macht ist das harte Training. Ich habe noch nie so hart trainiert.“ so verkündete telefonisch und per email Christophe zurück. „Von einem Tsunami sehen wir hier auch nichts.“
Dagegen klangen die Berichte der Frauen aus Tokio deutlich anders. Auf der DJB homepage war aus 2 getwitterten Berichten folgendes zu lesen.
Iljana Marzok beschreibt ihre Emotionen in ihrem blog.
„18:00:
Keine Angst. Uns geht es gut. Nach dem ersten Beben um 14:45, dass jeder von uns anders erlebt habt, haben wir eine Stunde auf dem Fußballfeld kleinere Nachbeben abgewartet. Wir wurden relativ schnell mit Decken versorgt, da die meisten von drinnen rausgelotst worden sind. Aktuell bebt es immer noch nach und wir warten darauf, dass wir irgendwann zum Hotel zurück kommen können z.B. wenn die Metro wieder fährt oder eben alternativ mit Taxi.
23:00:
Auch wenn die Erde hier immer wieder bebt, gehen die Menschen hier in Tokio ihren gewohnten Gang. Die Bilder, die über den Tsunami und das Erdbeben verbreitet werden, sind schrecklich und zeigen schlimme Ausmaße aber wir sind alle wohlauf. Hier in Tokio läuft alles sehr geordnet und strukturiert ab. Wir wurden im NTC mit Abendessen verpflegt und uns wurden sogar Schlafplätze angeboten, da Metro und Taxis nicht fahren. Später wurde uns doch ein Bus organisiert. Neben dem dichten Verkehr waren vor allem die Menschenströme mit und ohne Helm entlang der eigentlichen Metro-Linie nicht zu übersehen, die nach Hause strömten. Netterweise gibt es Menschen, die kostenlos heiße Nudelsuppen an der Straße verteilen, denn auch die Supermärkte haben schon mal bessere Zeiten erlebt und Produkte wie “Brot” und Fertigessen aus dem Kühlschrank ist nur noch rar vorhanden.
Mein Zimmer sah allerdings mehr oder weniger so aus, wie ich es heute Morgen verlassen hatte. Obwohl, die Putzfrau hat mein Bett gemacht und mein Schlafzeug schön zusammengelegt. Zeit dieses Kunstwerk zu zerstören und im besten Fall etwas Ruhe zu finden. Gute Nacht!“
Auch Miryam Roper beschreibt ihre Emotionen sehr anschaulich. Hier ihre Empfindungen während des Erdbebens:
„Uns geht es soweit auch ganz gut. Wir sind in Tokyo und glücklicherweise nicht direkt am Epizentrum des Bebens.
Als das erste Beben kam, war der Großteil der Mannschaft im National Training Center. Dort hat alles stark gewackelt, so dass wir einfach so, wie wir waren, rausgerannt sind. Autos begannen fast zu hüpfen und die Stadionbeleuchtung wackelte bedenklich. Bis die stärkeren Nachbeben vorüber waren und die Gebäude für sicher erklärt wurden, konnten wir in einem Stadion unter freiem Himmel ausharren.
Insgesamt gibt es in diesem Teil von Tokyo wenige Schäden, einige Brücken sind gesperrt und das ein oder andere ist umgefallen.
Von den tatsächlichen Ausmaßen des Bebens und der Zerstörung im Nordosten des Landes sowie dem Tsunami haben wir erst später im Fernsehen erfahren.
Die Kommunikation war/ist abgesehen von Internet stark eingeschränkt. Das war besonders erheblich für uns, da zwei von unserer Mannschaft bereits im Hotel waren und wir nicht wussten, wie es ihnen geht.
Die Metro fährt nicht, aber wir sind mittlerweile vom japanischen Trainer ins Hotel gefahren worden. Auch jetzt gut 8 Stunden nach dem Beben gibt es immer noch weitere schwächere Nachbeben. Ansonsten muss man sagen, dass Japan für eine solche Katastrophe sicherlich sehr gut gewappnet ist. In den Straßen laufen immer noch sehr viele Menschen vermutlich auf dem Heimweg entlang. Aber es werden zumindest auch Nudelsuppen verteilt. Die meisten Geschäfte und Restaurants geschlossen, nur die kleineren Convenience Stores haben geöffnet und die beinahe leer gekauften Regale werden bestmöglichst wieder bestückt.
Für uns besteht an sich soweit keine akute Gefahr, auch wenn wir die Nacht sicher nicht allzu viel Schlaf bekommen werden, weil es echt ein widerliches Gefühl ist, wenn die Erde und alles um dich herum so wackelt.
Morgen früh geht vermutlich unser Training im National Training Center weiter.
Wie gesagt, wir sind glückerlicherweise nur geringfügig vom Erdbeben betroffen, aber die weichen Knie bleiben wohl noch eine ganze Weile.“
Das war gestern am Freitag, als „nur“ die Erde rumpelte und Stunden später die Tsunami-Welle auf Japan zu rollte. Doch dann begann der Gau der 5 AKWs sich entzuwickeln. Und nun wurde die Sorge ab Samstag heftiger.
Der Deutsche Judobund (DJB) hatte seit Freitag ein Krisenstab eingerichtet und war fortlaufend am beraten, wie die beiden Mannschaften verfahren sollten. Noch gestern gab es einen Beschluss, dass jedem Sportler die Möglichkeit freigestellt wird, auf Kosten des DJB vorzeitig abzureisen. Doch dann wurde heute vormittag auf der Präsidiumssitzung beschlossen und über die HP verkündet
Nationalmannschaft wird aus Japan zurück geholt
Heute
Aufgrund der aktuellen Ereignisse in Japan hat das Präsidium des DJB beschlossen, die beiden Nationalmannschaften zum Schutz der Gesundheit der Athleten schnellstmöglich aus Japan zurück zu holen. Derzeit werden alle Möglichkeiten für Rückflüge geprüft.
Doch damit sind nicht alle Sorgen erledigt. Die Frage steht im Raum. Wie kommt die Mannschaft von Osaka nach Tokio? Fahren überhaupt die Züge wieder? Wann wird der Flughafen angeflogen? Wie ist der Flughafen zu erreichen? Sind die U-Bahnen wieder in Betrieb?
Ca. 11:00h
Für die Männermannschaft wird bekannt, dass sie erst am Dienstag abreisen kann. Sie soll am Sonntag nach Tokio fahren und wird in einem Hotel einquartiert. Die Frauenmannschaft fliegt bereits einen Tag eher zurück.
Ca. 14:00h
vom DJB kommt die Verlautbarung, nachdem sich die Lage immer weiter zuspitzt,
„Die DJB-Leitung ist seit gestern nachmittag bereits unter anderem mit dem Auswäritgen Amt im Kontakt. Derzeit wird geprüft, dass sie so schnell wie möglich rauskommen, egal wohin. Es ist aber äußerst schwer, Flüge zu kriegen. Derzeit werden noch andere Wege geprüft. Wir hoffen, dass u.a. extra Flugzeuge aus Dt. geschickt werden... Die Kollegen rödeln hier ständig...“
Ca. 15:00h
Von Christophe kommt per Telefon die Meldung.
„Wir fahren morgen nach Tokio, ein bißchen sind wir nun auch nervös geworden. Die Meldungen im Internet tragen nicht zur Beruhigung bei.“
Die große Sorge ist im Raum, inwieweit das Wetter noch einen Strich durch die Rechnung macht. Aber es sieht in Japan nicht so aus, dass der Wind dreht und die nuklear verseuchte Luft nach Tokio trägt. Auch ist zur Zeit kein Regen in Sicht.