Jetzt sogar drei Judoka aus der Holler Mannschaft, die sich für 2016 zu den Olympischen Spielen qualifizieren wollen.
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 24. April 2014 15:06
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(we) Für jeden sicherlich noch gut in Erinnerung, zu den letzten Olympischen Spielen (OS) 2012 in London hat sich auf den allerletzten Drücker der Holler Judoka Christophe Lambert für die Teilnahme qualifiziert. Darüber sind die Judoka aus der Holler Mannschaft auf den Geschmack gekommen, diesmal sind sogar drei von ihnen, die um die Teilnahme kämpfen wollen. Das sind Christophe Lambert, der erneut einen Anlauf nehmen will und zwei der belgischen Gastkämpfer, die übrigens auch Mitglied in unserem Verein sind. Es sind Senne Wynns (bis 60kg) und Kenneth van Gansbeke (bis 66kg).
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Die dorthin wollen, sind sicherlich deutlich mehr, aber in dem ausgewählten Reigen der Kandidaten sind es eben diese drei. Sie sind in den Nationalmannschaften Deutschlands beziehungsweise Belgiens und erhalten die entspechenden Einladungen für die Qualifikationsturniere rund um den Erdball.
Wie schon zu den letzten OS gibt es eine Weltrangliste, deren Punkte durch Siege und Platzierungen auf den speziellen Turnieren errungen werden müssen. Ab Mai 2014 nach den zeitgleich stattfindenen Kontinentalmeisterschaften wird die Liste eröffnet und Ende April zu diesen gleichen Kontinentalmeisterschaften 2016 geschlossen und zur Qualifikation genommen. Die Regeln sind nicht ganz so einfach zu durchschauen, aber im Prinzip werden von jedem teilnehmenden Judoka seine 5 besten Turnierergebnisse pro Jahr in die Wertung genommen. Damit hat es keinen Nutzen, wenn ein Judoka an jedem Turnier teilnehmen würde und nur noch so die Punkte aufsummiert. Dabei bleiben die Punkte nicht erhalten, sondern entwerten sich über die Zeit. Nach 2 Jahren werden die Ergebnisse wieder zu Null gesetzt. Kurzum in dieser Weltrangliste ist immer viel Bewegung, die auch Überraschungen hervorbringen. Es gehört viel Taktik dazu, die richtigen Turniere zu wählen, um darüber die entscheidenen Punkte zu erhalten.
Diese Weltrangliste ist öffentlich über Internet einzusehen einzusehen. Sie wird vom Weltverband, der IJF, geführt. Die Adresse ist „ ijf.org“.
Diese Weltrangliste wurde auch zwischen den OS weitergeführt, weil über den Rang die Wettkampfliste aufgestellt wird. So soll verhindert werden, dass gleich im 1. Kampf 2 gute aufeinandertreffen und sich gegenseitig vorzeitig rauswerfen. Im Prinzip tritt zu Anfang ein starker gegen einen Schwachen an. Das ist schwer für die Schwachen, sich zu verbessern, aber ...
Die Positionen der Drei in dieser Weltrangliste sind sehr unterschiedlich. Am besten steht Kenneth da. Mit der letzten Liste vom 24.03.2014 stand er auf Platz 35. Er konnte in den letzten Monaten wichtige Erfolge für sich verbuchen. Dazu gehört ein World Cup Sieg in Casablanca. Er belegt jetzt mit 350 Punkten Platz 37. Senne Wyns ist mit 94 Punkten auf Platz 95. Verletzungen in den letzten Monaten haben seine Einsatzmöglichkeiten deutlich bremsen lassen. Noch weiter zurück liegt Christophe Lambert; zur Zeit noch Platz 154 mit nur 36 Punkten. Sein letzter Einsatz auf einem Turnier mit Punkteverwertung für die Weltrangliste waren die OS in London. Danach hat eine sehr lange Verletzungsserie und die Abschlußprüfung für sein Studium ihn an der Wettkampfteilnahme gehindert. Es soll erst Ende Frühjahr nach den 3 ersten Bundesligakampftagen wieder so richtig losgehen. Erschwerend kommt hinzu, dass nun zwei Nachwuchskämpfer auf dieser Rangliste weit vorne sind, an die er vorbeiziehen müßte.
Kenneth – der Jüngste von den Drei
Anfang Mai hat Kenneth Geburtstag und wird in diesem Jahr 24 Jahre alt. Er kämpft seit sechs Jahren in der unteren Gewichtsklasse bis 66kg und hat sich aktuell in eine gute Position gekämpft. Er wird Ende April bei den Europameisterschaften im französischen Montpellier antreten. Davor absolviert er eine lange Reihe intensiver Trainingslager in Japan und Polen. „Wir haben in Belgien nicht so viele gute Judoka, mit denen ich potentiell trainieren könnte. Ich bin auf diese großen internationalen Trainingslager angewiesen. Im letzten Jahr war ich 150 Tage unterwegs, was glücklicher Weise der Verband mir bezahlt.“
Diesen hohen zeitlichen Aufwand kann er nur auf sich nehmen, weil er Soldat bei der belgischen Armee ist und ihn für den Sport freigestellt hat. Diese Unterstützung bekommt er nur bei einer Weltranglistenposition besser als Platz 45.
Judo hat er von klein auf betrieben; mit 5 Jahren begann er im gleichen Club wie sein Großvater in seiner Heimatstadt Nevele im belgischen Flandern. Gleich bei seinem ersten Wettkampf gewann er eine Goldmedaille und das motivierte ihn bereits recht hoch. Mit 15 Jahren wechselte er den Verein zu einem der Spitzenvereine, über den er auch an die internationalen Turniere rankam. Dort entwickelte er sich auf internationales Niveau und gewann 2006 die Bronzemedaille bei den Europameisterschaften der U17. 3 Jahre später gelang ihm sogar der 3. Platz auf den Weltmeisterschaften der Junioren.
Nach Abschluss seiner Schulzeit hatte er sich in der belgischen Armee verpflichtet. Er konnte den Trainingsumfang deutlich steigern, zur Zeit sind es im Schnitt 25 Stunden pro Woche. Das hat ihn deutlich nach vorne gebracht. „Gerade die 3 Bronzemedaillen im letzten Jahr auf Turnieren mit World Cup Niveau haben mich richtig gepuscht. Und dann noch die Goldmedaille in Casablanca haben mich an meinem Olympischen Traum glauben lassen.“
Zu unserer Mannschaft ist Kenneth letztes Jahr gestoßen und hat vier von fünf Kämpfen für uns gewonnen.
Senne – der leichteste
Senne Wyns kämpft seit 2011 für uns die 4. Saison und brachte immer seine Punkte nach Hause, wenn er nicht hochgesetzt wurde. Er lebt wie Kenneth in Flandern und spricht holländisch, aber auch englisch, deutsch und französisch. Im Herbst wird er 26 jahre alt.
Von klein auf hat er mit Judo begonnen und bereits mit 10 Jahren von den OS geträumt. „Ich mußte mal in der Schule mit 10 Jahren einen kleinen Vortrag über Judo halten und da wurde mir klar, dass ich unbedingt zu den Olympsixchen Spielen will. Seitdem verfolge ich dieses Ziel und wollte auf höchstem Niveau kämpfen. Damals wußte ich nicht, wie hart das werden wird.“ Sein Heimtrainer führte ihn ran und er begann schon früh, härter zu trainieren. Sein Verein, die „Judoschool Root“, hat 130 Judoka und sein Trainer hatte Erfahrung im Training mit internationalen Kämpfern. Das hatte ihm geholfen.
Seine höhere Laufbahn begann mit Erfolgen in der Jugend auf europäischen Turnieren und später bei den Senioren mit den Europa-Cups. Seit 2012 ist er im belgischen National A-Kader, was ihm die Teilnahme an den höchsten europäischen Turnieren ermöglichte. Auf der europäischen Rangliste verbesserte er sich von Platz 28 auf Platz 1. 2012 brachte das den Durchbruch. Auf dem World Cup in Rom gelang ihm ein 5. Platz und später 2013 ähnliche Erfolge in Warschau und Glasgow. Leider verletzte er sich dann am Ellbogen, wobei ein Knochstück splitterte. Seit letztem Herbst ist er dabei, seine Verletzung auszukurieren. Für seine nächsten Einsätze ab Juni in Spanien, Cuba, El Salvador und Budapest, bereitet er sich bereits vor und hofft bis dahin fit zu sein.
Sein Trainingspensum ist groß; meistens trainiert er sechs Tage in der Woche und dann 2 bis 3mal am Tag. Er hat nicht den gleichen Weg wie Kenneth gewählt, da er eine Ingenieurstudium als Elektromechaniker im Bereich der Klima- und Kühltechnik begonnen. Arbeitsintensives Studium und Hochleistungssport kollidieren, sodass Senne statt der üblichen drei nun fünf Jahre bis zum Bachelor benötigte. Die Universiät von Antwerpen war entgegenkommend und ermöglichte die Studienzeitverlängerung.
Finanziell ist es eng für ihn, da er kein eigenes Geld verdient. Er wohnt noch zu Hause und seine Eltern müssen ihn unterstützen.Der Verband finanziert die Turnier- und Trainingslagerteilnahmen aber mehr auch nicht. Mit seinem persönlich Erspartem kaufte er sich einen Wagen, um regelmäßig die Trainingstermine unter der Woche wahrnehmen zu können.
Einen Sponsor hat er bislang nicht gefunden, da ist in Belgien die Popularität für den Judosport genauso gering entwickelt wie in Deutschland. Das Geld fließt in andere Sportbereiche. Die Hoffnung auf eine bessere Unterstützung hat er trotzdem nicht aufgegeben.
Christophe – der älteste und schwerste
Über Christophe ist viel bekannt, aber es gibt immer wieder Neues von ihm zu berichten. Spektakulär war seine Olympianominierung auf den letzten Drücker durch seine Bronzemedaille bei den Europameisterschaften 2012 in Russland. Leider betrug der Auftritt in London nur 5 Minuten, denn das war die Kampfzeit für den 1. Kampf, den er verlor und somit auch das Ende im olympischen Wettkampf. Seitdem war es sportlich um ihn ruhig geworden. Eine Serie von Verletzungen zwang ihn zum längeren Stillstand, den er zum Aufholen versäumter Prüfungen in seinem Medizinstudium nutzte. Das Training hatte er die letzten 2 Jahre nicht aufgegeben, denn sein Fernziel der erneuten Teilnahme an den OS hatte er noch nicht aufgegeben, da er es bereits in London den Verbandsverantwortlichen versprochen hatte, dass er in vier Jahren wieder sein will.
Einen Erinnerungsposten setzte er in der Wettkampflandschaft; als Fremdstarter in der Vereinsmannschaft vom TSV Abensberg gewann er zum Jahreswechsel in Paris die Europameisterschaft der Mannschaften.
In diesem Jahr wird er zum Sommeranfand 29 Jahre alt und er weiss, dass es jetzt unbedingt klappen muss. Wie bei vielen Älteren wird nicht die dynamische unbändige Kraft sein Pfund im Kampf sein, sondern eher die taktische Cleverness und Erfahrung. In diesem Jahr werden sich die Weichen stellen, ob es sich noch mal lohnt, durch diese harte Mühle der qualvollen Vorbereitungen zu gehen oder ganz einfach vom Hochleistungssport zurückzutreten. Letztendlich steht der Berufseintritt bevor. Vom Judospitzensport läßt es sich nicht leben. Wie Senne will er Anfang Juni in Cuba loslegen und im Wochenendtakt die Turniere in El Salvador und Budapest mitnehmen.
Zum Eingewöhnen werden die drei Bundesligakampftage im Mai dienen; vielleicht noch ein kleines Turnier, aber letztendlich soll es gleich richtig reingehen. „Diesmal will ich schneller in der Weltrangliste nach vorne kommen, damit ich nicht so lange immer gleich in den Vorrundenkämpfen gegen die Kracher antreten muss. Ich will ganz nach vorne und tatssächlich was reißen. Da muss ich letztendlich gegen jeden bestehen, aber das will ich taktischer klüger angehen als vor 4 Jahren. Ich bin viel zu spät in die Nominierung gekommen. Alle anderen haben sich gezielt auf London vorbereiten können und haben trainiert. Ich konnte gar nicht richtig trainieren, weil ich einen Wettkampf nach dem anderen hatte, um diese Punkte zu bekommen. Das war Krampf.“